14. August 2019
Berlin ist eine großartige Stadt. Ich liebe es, hier zu leben. Als Kind besuchte ich meine Großmutter in Prenzlauer Berg, inzwischen lebe ich selbst über zwanzig Jahre in diesem Bezirk. Manchmal brauche ich dennoch eine kleine Auszeit vom Trubel der Stadt, dem Lärm der Autos, den immer schneller werdenden Menschen und schreienden Kindern auf den Gehwegen.
Für ein wenig Stille und Natur ist es nicht nötig, weit zu reisen. Auch in Berlin selbst gibt es Inseln der Erholung. Zu einer führt es mich heute.
Als ich in den Bus steige, fühle ich mich wie in einer anderen Stadt. Die Menschen, die Häuser, alles scheint fremd und anders. Ist das tatsächlich noch Berlin? Wie verschieden doch die Gesichter der Stadt sein können. Die Fahrgäste sind fast ausschließlich alte, ärmlich gekleidete Menschen und ein paar Frauen mit Kopftüchern. Sie steigen vor grauen Hochhausblöcken und schmutzigen Straßen aus. Einzig eine Dame fällt auf, die ist dezent geschminkt und trägt sauber frisiertes schwarzes Haar. Sie passt nicht so recht in diesen Bus. Sie hat das gleiche Ziel wie ich, denn beim Einstieg fragte sie den Busfahrer, ob dies der richtige Bus sei: „Fahren Sie zum Britzer Garten?“ Der Fahrer nickt und brummelt etwas Unverständliches.
Unterwegs bremst der Fahrer oft unvermittelt und schaut dann unsicher in den Rückspiegel, ob alle Fahrgäste noch wohlauf sind. Es scheint fast, als träume er ein wenig vor sich hin und bemerke erst im letzten Moment, wenn ein Wagen vor ihm hält, um abzubiegen. Unsere Blicke treffen sich kurz im Spiegel. Vielleicht träumt auch er von einem erholsamen Spaziergang durch den Garten anstatt durch die Baustellen der vollgestopften Stadt zu manövrieren.
Langsam wird die Umgebung hübscher, die Häuser erscheinen heller und kleiner. Bäume säumen die Straßen. Der Bus M 44 leert sich langsam und ich steige, ebenso wie die Dame mit dem schwarzen Haar, am Britzer Garten aus. Für nur vier Euro betrete ich eine stille, grüne Welt. Es ist bereits früher Nachmittag und nur wenige Besucher schlendern durch die Parkanlage. Ich höre Insekten am Wegesrand summen, sonst ist es still. Ein paar Schafe grasen auf einer Wiese und ich entdecke einen schattigen Spazierweg an einem plätschernden Bach entlang. Es stehen Stühle am Ufer, die zum Verweilen einladen. Ich setze mich ein paar Minuten und lausche dem winzigen Wasserfall zwischen Steinen und frischen Pflanzen. Ich laufe über Wiesen und an einem See vorüber. Eine Brücke führt mich an seinen schilfbewachsenen Ufern vorüber und in jeder gemütlichen Ecke des Parks gibt es Sitzbänke. Heute sind sie fast alle leer, wie erholsam und still es hier ist.
An einer riesigen Sonnenuhr kehre ich ein Restaurant ein und trinke köstlichen hellrosa Wein. Dazu gibt es leckere Penne Arrabiata und einen sehr freundlich, lustigen Kellner, der den sonnigen Tag mit Späßen versüßt. So schön der Park auch ist, ich vermisse ein paar Blumen und bunte Farben. Ich hoffe, ich finde noch etwas.
Zunächst schaue ich mir den „Hexengarten“ an. Auf einer kleinen Anhöhe finden sich zwischen dunklen Backsteinen Kräuter und Heilpflanzen. Kleine Schilder weisen auf die Anwendung hin. Dann führt der Weg mich erneut am See vorbei. Ich setze mich unter eine Weide und beobachte einen Reiher, der im Schilf steht. Ein Fisch springt im Wasser und hinterlässt kleine Wellen als Spuren seiner Anwesenheit. Dann ist die Oberfläche wieder glatt bis ein leichter Wind das Wasser kräuselt. Irgendwo spielt jemand auf einer Ukulele. Der melodische Klang mischt sich mit dem Sommertag – herrlich ist es hier.
Dann kehre ich auf einen leckeren Eisbecher in das Café „Seeterrassen“ ein. Langsam werden die Schatten länger. Der Garten schließt bei Einbruch der Dunkelheit. Ein paar Krähen spielen auf der Wiese und endlich stehe ich zwischen wild blühenden, zauberhaften Blumen in allen Farben: Dahlien, Cosmea und andere. Bienen summen zwischen den Blüten und die untergehende Sonne taucht alles in ein idyllisches, mildes Licht.
Nun bin ich zufrieden und kann erholt und glücklich den Heimweg antreten.
